Aachener Zeitung vom 25.07.2013

Collie allein Zuhaus? Nein, Hunde-Kitas sind gefragt!
Trotz Vollzeit-Jobs wollen viele Menschen nicht auf einen Hund verzichten – und suchen eine Betreuung.
Experten sehen das kritisch.
VON CHRISTINA STICHT

Laatzen.
Als er Balu im zarten Alter von acht Wochen zum ersten Mal abgab, hatte Brend Würfel ein mulmiges Gefühl. „Da gab es bei mir schon Abschieds-schmerz“, erinnert sich der Hundebe-sitzer. Zwei bis viermal die Woche bringt er seinen Labrador-Retriever in die Hundetagesstätte (Huta) in Hannover. Die Trennung ist in-zwischen Routine. „Balu begrüßt die Huta-Inhaberin freundlich, freut sich und springt herum. Ich gehe dann schnell weg“, erzählt der 41 Jahre alte Software-Entwickler. Auf dem mehr als 1000 Quadratmeter großen Areal kann der Rüde mit Artgenossen
spielen, während sein Herrchen Ruhe zum Arbeiten hat. Berufstätigkeit ist für viele Hundeliebhaber kein Hindernis mehr, sich ein Tier anzuschaffen. Doch wohin mit dem Liebling, wenn am Arbeitsplatz kein Vierbeiner gedulte wird und das Tier allein zu Hause das Mobiliar auseinander nimmt? In Hannover entstand schon vor zehn Jahren eine Huta, die als bundesweit erste ihrer Art vermarktet wurde. Ähnliche Einrichtungen folgten in vielen Großstätten. Wie viele es sind lässt sich dem Deutschen Tierschutzbund zufolge nicht beziffern. Einige hundert Euro im Monat kostet meist die Betreuung. Etwa 95 Hundehalter geben in Balus Huta regelmäßig
ihre Tiere ab. Gut ein Drittel von ihnen ist gar nicht berufstätig. Ihnen ist es wichtig, dass ihre Hunde Kontakt zu anderen Tieren haben. Dazu passt, dass sich die Inhaber Patrik Köhler und Jutta Kanzok für das Konzept der Rudelhaltung entschieden haben. So spielt der Dobermann mit dem Dackel und der Neufundläder mit dem Mops.
Die Tiere dürfen sich innerhalb des eigezäunten Außengeländes in Hütten zurückziehen. „Die Hunde sind nie allein“, betont Kanzok. Von 7 bis 20 Uhr ist die Huta geöffnet, Übernachtungen sind möglich. In der Urlaubszeit sind Übernachtungs-plätze wie in vielen vergleichbaren Einrichtungen so gut wie ausge-bucht. Es sei nicht sinnvoll, wenn Hunde zwischen verschiedenen Bezugspersonen und Umgebungen hin- und hergerissen werden, warnt der Sprecher des Deutschen Tierschutzbundes, Marius Tünte. Bei Krankheit oder Reisen sei es aber manchmal nicht zu verhindern, einen Tagespflegeplatz in Anspruch zu nehmen. Auch Prof. Hansjoachim Hackbarth von der Tierärztlichen Hochschule Hannover sieht den Trend skeptisch: „Eine Hundetages-stätte kann auch Stress sein und ist nicht für jeden Hund geeinget.“ Der Hund sei heute Kind-Ersatz. „Aber wenn beide voll berufstätig sind, ist ein Hund völlig fehl am Platz.“
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Vom Collie bis zum Chihuahua? Nicht für jeden Hund ist eine Tagesstätte
geeignet. Foto: Stock/Arco Images


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