VON WERNER KOLHOFF
Berlin.
Ihre Proteste gegen den Einsatz von Antibiotika in der
Massentierhaltung haben schon zu Gesetzesänderungen geführt, die
ab April wirksam werden. Jetzt richten die Naturschützer vom BUND ihre,
Kritik auf Hormon-abgaben in der Schweinezucht. Agrar-minister Hans-Peter
Friedrich (CSU) sieht hier allerdings überhaupt kein Problem, das
Umweltbundesamt nur ein Geringes.
Laut einer gestern veröffentlichten BUND-Studie werden Sexualhormone
systematisch an Zuchtsauen verab-reicht, um die Arbeitsabläufe in den
Ställen zu erleichtern und die Würfe zu vergrößern. In
der bäuerlichen Landwirtschaft erreiche man ähnliche Effekte durch
intensivere Betreuung der Tiere oder auch durch bestimmte Lichtprogramme. Die
Hormonabgabe betreffe vor allem industrielle Zucht-anlagen mit bis zu 10.000
Sauen, wie sie in Ostdeutschland und Nieder-sachsen anzutreffen sind. Dort
ver-suche man mit den Medikamenten die Tiere gruppenweise in ihrem Frucht-
barkeitszyklus zu „synchronisieren“, um die künstliche
Besamung arbeits-sparender durchführen zu können. Weitere Hormone
gebe es dann, um die Geburten zeitlich zu steuern, und anschließend,
um die Tiere möglichst schnell wieder trächtig werden zu lassen.
BUND-Agrarexpertin Frau Reinhild Benning sieht hier zum einen ein Problem des
Tierschutzes. Man ver-suche aus den Sauen „das Letzte rauszuholen“.
Die durchschnittliche Ferkelzahl pro Sau und Jahr ist seit 1994 laut der Studie
von 18,5 auf 25 gestiegen, die Abnutzung der Sauen nimmt zu. Sie werden im
Durch-schnitt kaum noch drei Jahre alt. Benning sprach von „Geburten am
Fließband“. Oft würde bei den einzelnen Würfen die
Ferkelzahl die 14 Zitzen übersteigen, die die meisten Sauen haben, so dass
der Nachwuchs nicht richtig ernährt werden kann. Auf bis zu 19 Ferkel gehe
es hoch.
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Die überzähligen Tiere, die meist ohnehin geschwächt
zur Welt kämen, würden dann einfach erschlagen. Auch der Mensch sei
negativ betroffen, sagte Benning. über die Ausschei-dungen der Tiere
könnten Hormon-reste ins Trinkwasser gelangen. Dort gebe es ohnehin schon
eine Grund-belastung mit Hormonen aus der Humanmedizin, etwa der Anti-Baby-pille,
sowie aus der Rinderzucht.
Allerdings ist die beim Menschen ein-gesetzte Menge an Hormonen mit rund 13
Tonnen fast 20 Mal so hoch wie die zuletzt registrierten 670 Kilogramm für
Zuchtsauen. Die Zahl stammt aller-dings von 2003. Der BUND verlangt dringend
neue Statistiken und eine bessere Registrierung, zum Beispiel in Dateien
zusammen mit dem Antibio-tikaeinsatz. Erst so könne man auch
überwachen, dass bei einer Schlach-tung nach einer Hormonabgabe die
nötige Karenzzeit von neun Tagen eingehalten werde. Ansonsten könnten
Hormone direkt im Fleisch stecken. Vor allem im Säuglings- und Klein-
kindalter reagierten Menschen äußerst sensibel auf Störungen
ihres Hormon-
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haushaltes. Das könne zu Missbil-dungen der Sexualorgane,
vorzeitiger Pubertät und sogar erhöhten Krebs-raten führen.
Laut Umweltbundesamt gibt es keine zusätzliche Hormonbelastung aus der
Schweinezucht. Das Grundwasser sei sauber, hieß es. Allerdings sei die
Fortpflanzungsfähigkeit von Fischen und Amphibien beeinträchtigt. Das
Amt fordert daher ein schärferes Zu-lassungsverfahren der Präparate,
eine Umweltverträglichkeitsprüfung.
Im Agrarministerium hieß es hingegen, der Einsatz sei nach EU-Recht
„zuge-lassen und üblich“. Er sei ein „inte-graler und
legaler Bestandteil der Nutztierhaltung“. Verboten sei in Europa jedoch
die Verabreichung von Wachstumshormonen, sogenannter Steroide, wie sie teilweise
auch Kraft-sportler nehmen. Deutschland werde bei den Verhandlungen um das
trans-atlantische Freihandelsabkommen darauf achten, dass die europäischen
Standards nicht aufgegeben würden. In den USA sind auch Wachstums-hormone
erlaubt.
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